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  • Erwin Peter Kandel

Naturwissenschaft und Glaube

Aktualisiert: vor 3 Tagen

Bloß kein neuer Streit!

Wenn ich manchmal im Sommer nachts auf dem Balkon sitze, kommt es vor, dass ich in den Sternenhimmel schaue – und staune. Über die unendliche Weite des Universums. Unvorstellbar. Gewaltig. Schön. Und wer bin ich in diesem Kosmos, frag ich mich dann. Bin ich ein Produkt des Zufalls oder bin ich gewollt? Ist alles irgendwie willkürlich oder gibt es eine innere Ordnung? Steht Gott hinter allem, was ist?

Jahrhunderte lang gab es heftige Auseinandersetzungen zwischen Kirche und Naturwissenschaft, wo nach und nach Bilder aus der Bibel wissenschaftlich in Frage gestellt oder auf den Kopf gestellt wurden. In einem so langen wie mühsamen Prozess haben sich Kirche und Naturwissenschaft verständigt, dass sie unterschiedlichen Fragen nachgehen. Dass sie sich gar nicht streiten müssen!

Der Naturwissenschaft geht es darum zu erforschen und zu beschreiben, wie sich alles entwickelt hat. Und dem Glauben geht es darum, nach dem Sinn von allem zu fragen, was ist. Fragen, auf die die Naturwissenschaft keine Antwort geben kann und auch nicht will.

Deshalb gibt es zwischen beiden eigentlich kein ernstzunehmendes Streitthema mehr. Doch aufeinmal ist es wieder zum Thema geworden: in Schulen und Volkshochschulen, in kirchlichen Veranstaltungen. Kaum eine Zeitung, die nicht Artikelserien über Naturwissenschaft und Glaube veröffentlicht.

Warum aufeinmal diese Aufregung? Zum einen ist in diesem Jahr der 200. Geburtstag von Charles Darwin. Er hat die Evolutionslehre begründet. Sie besagt: Alle heutigen Lebewesen – also auch der Mensch – haben sich aus früheren Formen entwickelt. Und dann sind da die sogenannten “Kreationisten”. Sie nehmen die Bibel wort-wörtlich und wollen mit ihr wissenschaftliche Fragen beantworten. Sie sagen zum Beispiel, dass Gott den Menschen direkt und in einem Akt vor einigen tausend Jahren “kreiert”, also erschaffen hat – daher auch ihr Name. Und wer daran zweifelt wird verdächtigt, gottlos zu sein.

Das kann und will ich nicht nachvollziehen. Als Christ staune ich über das, was die Naturwissenschaft dazu beiträgt, unsere Welt zu erschließen. In den kleinsten und in den größten Zusammenhängen, sei es die Kernphysik oder die Erforschung des Universums. Und da dürfen wir noch auf viele Entdeckungen gespannt sein. Für mich gilt: Was der von Gott gegebene Verstand klar erkennt, kann ich religiös nicht ablehnen. Und in der Schöpfung sehe ich eine Art “innere Dimension”, sehe sie als Antriebskraft aller Entwicklungen von Mensch und Natur.

Den Naturwissenschaften sei Dank, dass wir ganz anders und neu über Schöpfung und Glaube sprechen können. Das heißt für mich auch: Die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse gefährden nicht den Glauben, sie machen den Schöpfer-Gott größer und herrlicher, als ihn viele bisher gesehen haben. Denn ich glaube, dass die riesige Veranstaltung des Weltalls und darin Mutter Erde, wir Menschen und unsere Mitgeschöpfe in Gott ihren Ursprung haben und in ihm ihr Ziel finden werden.


Quelle: Michael Broch – Das Erste.de


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